Sauerteig selbst züchten – Fermentation ist kein Hexenwerk

Sauerteig selbst züchten klingt in erster Linie kompliziert, doch das uralte Verfahren ist in jeder Küche anwendbar.

Denn jeder Hobbybäcker wird eines Tages Sauerteig verwenden möchten. Wer mit Sauerteig backen möchte, hat verschiedene Möglichkeiten, an einen zu kommen: man bittet einen befreundeten Hobbybäcker, der bereits einen hat, um etwas Anstellgut. Oder man nimmt eine fertige Starterkultur aus dem Bioladen/Reformhaus. Vorteil: der erste Reifeprozeß, der seine Zeit dauert, entfällt. Der Nachteil beider Methoden:

es entgeht einem das spannende Miterleben, wie die aus Wasser und Mehl angesetzte Mischung langsam zum Leben erwacht. 🙂

Es gibt verschiedene Methoden, einen Sauerteig selbst zu züchten, eine beliebte ist, ihn über drei verschiedene Stufen mit jeweils fallenden Raumtemperaturen zu führen (von 28 Grad bis 18 Grad), die auch relativ schnell geht. Allerdings ist das nicht in jedem Haushalt so einfach umzusetzen.

Ich wende daher die klassische Methode an, die zwar länger geht, nämlich fünf Tage, dafür aber keine Schwankungen in der Umgebungstemperatur benötigt. Meistens züchtet man einen „reinen“ Sauerteig, der dann nur aus z.B. Roggen oder Weizen besteht. Ich mache einen gemischten Sauerteig, aus dem einfachen Grund, weil er dann zu Weizen- oder Roggenbroten paßt (Weizen macht den Sauerteig mild, ein reiner Roggensauerteig hat einen sehr herben, essigähnlichen Geschmack). Verschiedene Teige auf Dauer zu führen birgt (bei mir jedenfalls) immer die Gefahr, daß man sie, wenn sie länger nicht benötigt werden, im Kühlschrank vergißt und sie irgendwann keine Triebkraft mehr haben.

Sauerteig selbst züchten – die Vorbereitungen

Zuerst mischen wir 95 Gramm Weizenvollkornmehl und 30 Gramm Roggenmehl zusammen. Diese Mischung benötigen wir in den nächsten Tagen immer. Außerdem einen relativ große Schüssel mit Deckel und einen warmen Ort, wo der Sauerteig reifen kann. Ich verwende dazu meine altmodische, aber bewährte Kochkiste, die entsprechende Temperatur liefert ein Gefäß mit heißem Wasser.

Tag 1

  • 50 Gramm Mehlmischung
  • 50 Gramm Dinkel 1050
  • 150 Gramm lauwarmes Wasser

Zutaten gründlich verrühren, mit Deckel verschließen, für 24 Stunden an einem warmen Ort reifen lassen.

Sauerteig selbst züchten

Tag 2

Unser Teig sieht nun so aus:

Sauerteig selbst züchten

Man kann schon deutlich die ersten kleinen Bläschen sehen. Es lebt, hurra! 😀

Geben wir ihm also was zu essen, auf daß er wachse und gedeihe! Wir fügen hinzu:

  • 25 Gramm der bereits vorbereiteten Mischung
  • 50 Gramm Dinkel 1050
  • 75 Gramm lauwarmes Wasser

Gründlich verrühren und zurück an den warmen Ort, diesmal allerdings nur für 12 Stunden.

Tag 3 – nach 12 Stunden

  • 25 Gramm der Mehlmischung
  • 50 Gramm Dinkel 1050
  • 75 Gramm lauwarmes Wasser

zugeben und für 12 Stunden stehen lassen.

Tag 3 – nach weiteren 12 Stunden

  • die restlichen 25 Gramm der Mischung
  • 50 Gramm Dinkel 1050
  • 75 Gramm Wasser

zufügen. 12 Stunden stehen lassen.

Tag 4

Nun ist es an der Zeit, den Geschmack noch milder zu bekommen durch Zugabe von hellem Weizenmehl:

  • 50 Gramm Weizen 550
  • 50 Gramm lauwarmes Wasser

zufügen. Wieder 24 Stunden ruhen lassen.

Tag 5

Obige Prozedur wiederholen.

Man kann nie genau sagen, wie lange der Teig braucht, um zu reifen, da es doch von sehr vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Ist der Teig nach dem 5. Tag von vielen Blasen durchzogen und auch stark angestiegen, ist er fertig. Andernfalls das Verfahren von Tag 5 noch ein oder zwei Tage wiederholen.

Der Geruch von Sauerteig kann entweder säuerlich sein (wie Essig), leicht alkoholisch (z.B. wie Apfelmost). Die Farbe geht von hellem gelbgrau bis hellbraun/beige. Verfärbt er sich rot, schwarz, grün oder sonst irgendwie unnatürlich oder nimmt er einen ekligen Geruch an, ist er von unerwünschten Mikroorganismen befallen worden und muß entsorgt werden.

Den Teig, mit dem man in Zukunft immer wieder backen möchte, bewahrt man am besten in einem Schraubglas im Kühlschrank auf. Etwa alle 7 – 14 Tage sollte er aufgefrischt werden. Hierzu vom sog. Anstellgut mit einer bestimmten Menge Mehl und Wasser (je nach Rezept) mischen und bei Raumtemperatur solange reifen lassen, bis er von vielen Blasen durchzogen ist und sich sein Volumen etwa verdoppelt hat. Die Reifedauer richtet sich nach der Menge des verwendeten Anstellgutes.

Die Auffrischung des Sauerteigs

Braucht man momentan keinen Teig zum backen sondern füttert den Sauerteig nur weiter, um die Triebkraft zu erhalten, kann man ihn so auffrischen:

  • 50 Gramm Roggen 1150 (oder Dinkel/Weizen 1050, je nach Geschmack/Bedarf)
  • 50 Gramm Wasser
  • 10 Gramm Anstellgut

für 10-14 Stunden bei Raumtemperatur abgedeckt reifen lassen. Dann im Kühlschrank lagern. Spätestens 14 Tagen die Prozedur wiederholen.

Die Reste des alten Anstellgutes kann man entweder mit verbacken (als Aromasauer) oder auf dem Kompost entsorgen. Aufbewahrtes Anstellgut sondert oft eine dünne Flüssigkeit ab. Hierbei handelt sich um während der Gärung entstandenen Alkohol (auch Fusel genannt). Dies ist völlig normal, der Fusel wird einfach wieder untergemischt.

Beim ersten Herstellen des Sauerteiges fällt naturgemäß sehr viel an, zum Aufbewahren reichen 100 Gramm. Den übrigen Teig entweder gleich verbacken (die Triebkraft ist allerdings noch nicht sehr ausgeprägt, Hefezugabe ist daher unerläßlich) oder weiterverschenken. Ich habe ihn einfach verbacken:

Sauerteigbrot mit eigenem Sauerteig
Sauerteig selbst züchten – das erste fertige Sauerteigbrot

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